Fassadenbau

In hohem Bogen

Sonnenschutz
22.10.2022

Nach stolzen neunzig Betriebsjahren ist die Oberstdorfer Nebelhornbahn nun erneuert worden. In diesem Zuge wurde auch die Talstation umgestaltet.
Die neue Talstation der Nebelhornbahn in Oberstorf
Die Talstation der Nebelhornbahn in Oberstorf erstrahlt in neuem Kleid

Eine Ära geht zu Ende: Seit den dreißiger Jahren brachte die alte Nebelhornbahn in Oberstorf Besucher*innen auf den gleichnamigen über 2000 Meter ü. NN gelegenen Berggipfel, der zur Daumengruppe der Allgäuer Alpen gehört. Zum Zeitpunkt ihrer feierlichen Eröffnung im Juni 1930 war die Bergbahn die längste Personenseilschwebebahn der Welt. Nun wurde die aus drei Sektionen ausgeführte Luftseilbahn für schlappe 55 Milionen Euro erneuert. Seit Mitte Februar 2021 wurden in der oberen Sektion zwischen Mittel- und Bergstation bereits die ersten Testfahrten durchgeführt. Corona-bedingt wurde die Wiedereröffnung auf Mai dieses Jahres verschoben. Damit habwn die geschichtsträchtigen Großraumkabinen der alten Nebelhornbahn ihren Dienst getan – sie wurden für einen guten Zweck versteigert. Der Erlös von über 33.000 Euro kommt sozialen Projekten der Region zugute.

Neuester Stand der Technik

Die neue Bahn im modernen Design kann nun doppelt so viele Fahrgäste befördern wie früher. Ferner werden die Gäste statt mit zwei großen Gondeln nun mit mehreren Kabinen befördert. Dank des vergleichsweise geringen Eigengewichtes der Gondeln, waren nur minimale statische Anpassungen der Infrastruktur notwendig, wie Bergbahn-Vorstand Johannes Krieg erklärt: "Das Investment in die neuen Gondeln hat sich ausgezahlt. Wir befinden uns mit der neuen Bahn auf dem modernsten Stand der Technik. Das bedeutet, dass wir mit der neuen 10er-Kabinenbahn die langen Spannfelder der alten Bahn überbrücken können, ohne dass wir dabei mehr Stützen errichten mussten."

Talstation im neuen Kleid

Auch die neue Talstation erstrahlt in neuem Kleid: Sie hat eine Hülle aus Verbund-Sicherheitsglas (VSG) verpasst bekommen. 78 Holzbinder – zwölf Meter hoch und wie Parabeln geformt – umschließen nun die Konstruktion. Die ursprünglich angedachte Membran-Überdachung sei aufgrund des Schallschutzes nicht möglich gewesen, erklärt meint Stefan Hiebeler, der verantwortliche Architekt. Die Station sollte den hohen Geräuschpegel abfangen, der beim An- und Abfahren der Bahn erzeugt wird. Weil die Membran das nicht bieten konnte, haben sich die Planenden schlussendlich für Verbund-Sicherheitsglas entschieden. Damit das funktioniert, musste das Glas die besondere Form der Holzpfeiler aufnehmen und dementsprechend gebogen sein.

Talstation Nebelhornbahn

Gebogen im Kaltformverfahren

Die besondere Schwierigkeit des Projektes lag darin, dass das Glas die Parabelform der Stützen aufnehmen und dementsprechend gebogen sein muss. An dieser Stelle kam Glas Marte ins Spiel – denn eine Antwort auf solche speziellen Anforderungen zu finden, gehört zur Spezialität des Unternehmens: Im Kaltformverfahren wurde das VSG im eigenen Werk gebogen und somit auch zum gewünschten Zeitpunkt geliefert. Für dieses besondere Projekt war ein "Nachweis im Einzelfall" erforderlich. Deshalb fertigte Glas Marte für die Zulassungsstelle in München vorab ein 1:1-Modell von zwei Stützenfeldern – was den endgültigen Zuschlag einbrachte.

Heiß und kalt

Je nachdem, welche Krümmung erforderlich war, wurde das Glas kalt oder warm gebogen. Da das Unternehmen in der Lage ist, das Kaltform- oder Laminationsbiegeverfahren selbst durchzuführen, kann es diese Elemente kostengünstig anbieten und je nach gewünschtem Zeitpunkt liefern. Hierbei werden die einzelnen Glasscheiben des Verbundsicherheitsglases zu einem Scheibenstapel zusammengelegt und mithilfe einer speziellen Biegevorrichtung in Form gezwängt. Anschließend wird der Scheibenstapel durch Druck in einem gasdicht verschließbaren Behälter dauerhaft miteinander verbunden.

Design mit Tücken

Durch jene Innovationen ist ein transparentes Gebäude in extravagantem Design entstanden – doch das moderne Antlitz hat einen Preis: Schon seit vielen Jahren ist bekannt, dass konkav geformte Fassaden mit hohem Fensteranteil dazu neigen, das eintreffende Sonnenlicht zu bündeln, sodass im Extremfall Temperaturen von über 100 °C entstehen können. Im Falle der neuen Talstation in Oberstorf kommt noch erschwerend hinzu, dass es auch keine externe Verschattung gibt. Um im Sommer einen Hitzestau zu verhindern, wurden deswegen im oberen Bereich Lüftungselemente installiert. Zudem ist eine Scheibe des Verbund-Sicherheitsglases grün durchgefärbt, was schon im Vorfeld die Sonneneinstrahlung reduziert. Das hat nicht nur praktische, sondern auch ästhetische Gründe: Die grünen Scheiben unterstreichen den ungewöhnlichen Charakter des Gebäudes und gehen eine farbliche Symbiose mit den satten Grüntönen der umgebenden Bergwelt ein. Auch für den Fall von höheren Schneelasten wurde vorgesorgt. Hierfür lieferte das Unternehmen 10-mm-starke Gläser, sodass die Tragkraft zu jeder Zeit gewährleistet wird.

Talstation Nebelhornbahn
Branchen
Metall Glas