Nachhaltikeit & Recycling

Was ist zirkuläres Bauen?

Kreislaufwirtschaft
07.06.2024

Zirkuläres Bauen definiert die Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Das bedeutet, Material und Gebäudeteile möglichst lange und immer wieder zu verwenden.

Das Konzept des „zirkulären Bauens“ beschreibt im Grunde genommen eine Kreislaufwirtschaft im Bauwesen. Die Ziele einer Kreislaufwirtschaft (englisch „Circular Economy“) orientieren sich an einem möglichst langen „Lebenszyklus“ eines Gebäudes. Damit einher geht auch der Klima- und Umweltschutz: Rohstoffe einsparen, natürliche Ressourcen schonen sowie CO2-Emissionen minimieren.

Praxis mit Reduce, Reuse, Recycle

Die Grundsätze des zirkulären Bauens können  in der Praxis mit drei Worten beschrieben werden: Reduce (reduzieren), Reuse (wiederverwenden) und Recycle (recyceln).

  • Reduce: Am Anfang der Kreislaufwirtschaft steht das Reduzieren, besser noch die Vermeidung von Abfällen. Schon beim Design und bei der Herstellung von Produkten wird darauf geachtet, dass sie langlebig, wiederverwendbar und recyclingfähig sind. Damit das funktioniert, wird versucht, auch die Menge der Materialien, die fürs Produkt verwendet werden, zu reduzieren. Denn je weniger Materialien verwendet werden und je einfacher sie später wieder voneinander getrennt werden können, desto einfacher ist letztlich das Recycling.
  • Reuse: Für diesen Ansatz wird bei der Planung von Anfang an zirkulär gedacht. Durch entsprechende Gebäudeplanung, lösbare Verbindungen und dem Verzicht auf Verbundmaterialien wird ein späterer Umbau oder Rückbau vereinfacht und eine Wiederverwendung von Bauteilen ermöglicht. Ein Beispiel sind Baustoffbörsen, die komplette Bauteile wie Türen und Fenster.
  • Recycle: Da dieser Ansatz mit viel Energieaufwand verbunden ist, sollte er erst dann einsetzen, wenn eine Wiederverwendung nicht mehr möglich ist. Hier ist entscheidend, was bereits bei Reduce passiert ist: Wenige und leicht trennbare Bestandteile erleichtern das Recycling, Verbundstoffe sind schwer zu recyceln. Eine hohe Recyclingquote macht also noch keine Kreislaufwirtschaft aus.

Neben den Grundprinzipein trifft man auf dem Weg zum zirkulären Bauen auf Konzepte wie etwa Cradle-to-Cradle oder Urban Mining, die nachfolgend näher beleuchtet werden.

Cradle-to-Cradle – kein Abfall

Das Konzept von Cradle-to-Cradle repräsentiert einen zukunftsweisenden Ansatz im Bauwesen. Es geht darum, Bauprozesse so zu gestalten, dass alle verwendeten Materialien nach dem Ende ihres Lebenszyklus unbeschadet zurückgewonnen und wiederverwertet werden können. Die Idee ist einfach, aber revolutionär: Kein Abfall, keine Verschwendung – stattdessen ein ewiger Kreislauf, in dem Rohstoffe in einer Art und Weise genutzt werden, dass sie immer wieder in gleicher Qualität in den Produktionsprozess zurückfließen können. Dieser Ansatz ist nicht nur umweltschonend, sondern auch wirtschaftlich attraktiv. Gebäude, die nach diesem Prinzip erbaut sind, nutzen Materialien, die leicht zu demontieren und zu recyclen sind.

Urban Mining spielt hierbei eine bedeutende Rolle, da es ermöglicht, urbanisierte Gebiete als eine Art „Mine“ zu betrachten, aus der wertvolle Materialien zurückgewonnen und im Cradle-to-Cradle-Prozess genutzt werden können.

Urban Mining – Städte als Rohstofflager

Urban Mining ist ein Konzept, das darauf abzielt, die Städte als eine wertvolle „urbane Roh-stoffmine“ zu erkennen. Statt neue Ressourcen abzubauen, fokussiert sich Urban Mining auf die Rückgewinnung von Materialien aus bestehenden Gebäuden. Das Ziel ist, die in unseren Städten verborgenen Rohstoffe effizient zu nutzen und in den Produktionszyklus zurückzuführen.

Der urbane Raum verfügt über eine Vielzahl wiederverwertbarer Materialien, darunter Metalle, Glas und Baumaterialien wie Beton. Durch die gezielte Demontage und Sortierung von Bau- und Abbruchabfällen, wird ein nachhaltiger Kreislauf geschaffen, der es erlaubt, diese Materialien erneut zu verwenden. Urban Mining trägt somit entscheidend zu einer Kreislaufwirtschaft bei und unterstützt den Übergang zu nachhaltigeren Baupraktiken.

Nachhaltige Verbindung

Die beiden „Philosophien“ des Cradle-to-Cradle sowie des Urban Mining sorgen für eine sinnvolle Verzahnung zwischen der Rückgewinnung von Materialien aus den Städten und ihrer weiteren Verwendung. Das Urban Mining Konzept gewinnt durch Cradle-to-Cradle einen systematischen Rahmen, der die Wiederverwertung am Lebensende eines Produktes bereits in seiner Entstehungsphase mitdenkt.

Diese Integration ermöglicht einen effizienten Umgang mit Baumaterialien, indem konsequent darauf geachtet wird, dass diese von vornherein für einen zukünftigen Rückbau und eine erneute Nutzung konzipiert werden. So wird gewährleistet, dass die im Urban Mining zurückgewonnenen Materialien auch tatsächlich in einem neuen Lebenszyklus verwendet werden können. Die Verbindung dieser beiden Ansätze trägt dazu bei, den Gebäudesektor wesentlich nachhaltiger zu gestalten.

Datenbank für Gebäude und Material

Um das Prinzip Urban Mining praktisch umzusetzen, braucht man zunächst einen Überblick, welche Art von wiederverwertbaren Materialien wo und in welchen Mengen im Gebäudebestand künftig anfallen werden. Für Gebäude neueren Datums gibt es seit einigen Jahren einen digitalen Gebäude-Materialkataster: Die Online-Plattform Madaster, sind mittlerweile zahlreiche Gebäude mit ihren Daten wie Baujahr, Standort, Gebäudetyp und -größe sowie die Materialbestände abgebildet.

Im September 2022 trat Madaster erstmals in Österreich an, der heimischen Bau- und Immobilienwirtschaft bei der Erfassung und Dokumentation von Bauteilen und Materialien zu helfen, um zirkuläres Bauen möglich zu machen. Seither haben 16 sogenannte Kennedy-Partner* (darunter Wicona) mit insgesamt 40 Projekten die Cloud-Plattform von Madaster genutzt, um besseren Aufschluss über die Trennbarkeit, das gebundene CO2 und die Toxizität von Baustoffen und ihre Wiederverwertbarkeit zu erlangen. Österreich ist das mittlerweile sechste Land in Europa, in dem Madaster der Bau- und Immobilienwirtschaft am Weg zur Kreislaufwirtschaft unterstützt.

„Madaster ist ein Tool, das Dekarbonisierung, Ressourcenschonung, Materialdokumentation, Wiederverwertbarkeit und Ökobilanzierung in einer Plattform erfolgreich zusammenführt“, sagt Werner Weingraber, Geschäftsführer von Madaster Österreich. Die Plattform wurde mehrfach für seine Nachhaltigkeitslösung in Österreich ausgezeichnet und bei Fachkonferenzen und Expertendiskussionen oft angefragt. //

[*als Kennedy-Partner werden die ersten maximal 33 Partner:innen von Madaster in jedem Land bezeichnet. Das sind Unternehmen, die als Vorreiter die ersten und exklusiven Partner sind, bevor die Madaster-Plattform später zu Standard-Lizenzbedingungen allgemein nutzbar wird.]

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