Berufsweltmeisterschaften
Die Tischler sind am Start
Die Schweiz ist in den kommenden Tagen Wettkampfort für WorldSkills Competition 2022 Special Edition: Nach der Absage von Shanghai finden die WorldSkills-Bewerbe bekanntermaßen ja rund um den Globus statt. Erstmals in der Geschichte werden die Berufs-Weltmeisterschaften in insgesamt 15 Ländern ausgetragen. Für die beiden österreichischen Tischler-Teilnehmer wird es nun ernst: Möbeltischler Udo Gnadenberger aus Ziersdorf in Niederösterreich, tätig bei Tischlerei und Möbelhaus Grünzweig und Bautischler Wolfgang Ramminger aus St. Margarethen an der Raab, tätig bei der Tischlerei Hasenburger sind vom 11. bis 14. Oktober in Basel im Einsatz.
Bei Gold wird geradelt
Bautischler Wolfgang Ramminger misst sich in herausfordernden Aufgabenstellungen mit den weltbesten seiner Zunft. Holt er Gold, fährt er mit dem Fahrrad vom Wettbewerbsareal in Basel zurück in die Heimat nach St. Margarethen an der Raab. So ist der Oststeirer vorab einmal nur "One-Way" gebucht: "Wenn ich tatsächlich Weltmeister werde, besorgt mein Chef zwei Fahrräder und wir radeln die 830 Kilometer nachhause. Mit der Goldmedaille sicher verstaut am Gepäcksträger", lacht Ramminger. Als Kampfansage an die internationale Konkurrenz will er die Ankündigung allerdings nicht verstehen – im Gegenteil: "Grundsätzlich traue ich mich gar nicht über derartige Erfolge nachzudenken. Schon eine Medaille wäre für mich der absolute Wahnsinn. Das Ziel ist ein Platz unter den besten fünf und die Gewissheit, dass ich alles gegeben habe und ich schlicht mit meiner Leistung zufrieden bin", erklärt der Jungtischler.
Ziel: In Basel "alles Stückerl spielen"
Gar kein einfaches Unterfangen, immerhin erwarten Ramminger in Basel komplexe Aufgabenstellungen: Was genau kommt, bleibt zwar bis zur letzten Sekunde unter Verschluss, thematisch wird es aller Voraussicht nach aber auf die Holzbearbeitung von gotischen Spitzbogenfenstern hinauslaufen. "Es wird definitiv stressig werden, aber ich freue mich sehr auf den Bewerb", erklärt Wolfgang Ramminger, dem die Profession in die Wiege gelegt wurde: "Sowohl meine Mama als auch mein Papa sind Tischler. Für mich ist es der schönste Beruf, den man sich vorstellen kann, weil er natürliche Ressourcen mit Technologie verbindet", sagt der 23-Jährige. In Basel will er auf den Bearbeitungsmaschinen jedenfalls "alle Stückerl spielen". Die Voraussetzungen dafür sind gut: Seit seinem sechsten Lebensjahr spielt der Margarethener Cello. "Die steirische Harmonika und Trompete sind später noch dazugekommen", so der Allrounder. In Basel wird die Musik für ihn allerdings kein Wettbewerbsbegleiter sein: Kopfhörer & Co. sind strikt verboten. Zu hoch ist die Gefahr, dass Experten einflüstern. Für Musik wäre spätestens auf dem Heimweg in die Oststeiermark Zeit – insbesondere wenn dieser mit dem Fahrrad zurückgelegt wird.
Ein ganz besonderer "Spirit"
Udo Gnadenberger tritt in Basel gegen die weltbesten Möbeltischler*innen an, angetrieben ist er vom "Spirit des Wettkampfs" an. Mit dem Beruf Tischlereitechniker hat der Niederösterreicher sein Hobby zum Beruf gemacht: Durch seinen Vater wurde das Interesse geweckt, und der Sohn ist der Profession bis heute treu geblieben. Lehrabschlussprüfung 2021, Arbeitsplatz bei Tischlerei und Möbelhaus Grünzweig in der Heimat – "zu meinem Aufgabenbereich im Betrieb gehört das eigenständige Abarbeiten von Aufträgen sowie die Instandhaltung der Maschinen". Gnadenbergers Lieblingsprojekte sind individuelle Möbelstücke, bei denen man die natürlichen Formen des Baumes berücksichtigen muss. Überhaupt ist er ein Fan von der Arbeit mit Holz. "Es ist ein vielseitiger Werkstoff aus der Natur. Aus einem Baum kann man quasi alles machen. Holz ist im Vergleich zu Metall sehr warm und natürlich – ein gutes Arbeitsgefühl."
Mehr Handarbeit als im Alltag
Bei den Berufs-Weltmeisterschaften hat Gnadenberger im Bewerb der Möbeltischler*innen mit Bedingungen zu tun, die nicht ganz der Arbeits-Realität entsprechen: "Im Alltag wird hauptsächlich mit CNC-gesteuerten Maschinen gearbeitet – im Unterschied zu WorldSkills, wo vieles in Handarbeit geschieht. Ich habe aber in der Lehre beides gelernt", ist der Hobby-Ski- und -Radfahrer guter Dinge. In die Wettbewerb-Schiene kam Gnadenberger eher aus Zufall. "Ich habe rein aus Interesse beim Bundeslehrlingswettbewerb mitgemacht, dadurch AustrianSkills entdeckt und bin durch einen zweiten Platz zu WorldSkills gekommen. Ich mag Wettbewerb gerne und finde die Herausforderung sehr interessant." Die Vorbereitung bestand aus einer Mischung aus Training in der Arbeit, in der Freizeit und einer Intensivphase, "bis Anfang Oktober das Werkzeug abgeholt wurde".
Nur 22 Stunden
In Basel bekommen die Möbeltischler*innen zu Beginn einen Plan für ein Möbelstück. Dieses muss dann innerhalb von 22 Stunden (aufgeteilt auf drei Tage) gefertigt werden. "Das ist sehr stressig. Unter normalen Bedingungen wäre das ein Arbeitsaufwand von circa 60 Stunden. Das Holz ist zugeschnitten und bereitgestellt, man muss aber auch damit auskommen. Maße und Verbindungen müssen stimmen. Falls man sich verschneidet und mehr Holz braucht, gibt es Punkteabzüge", erzählt Gnadenberger. In Basel hofft der Ziersdorfer auf Edelmetall. "Man hofft auf das Beste, weil die Gegner*innen auch noch unbekannt sind und das Ganze eine neue Erfahrung ist. Eine Medaille wäre richtig gut und würde auch sicherlich groß gefeiert werden. Aber was mich eigentlich antreibt, ist der Spirit des Wettkampfs." (gh)