Künstliche Intelligenz

Ikea für den Bau

Sonderschalungen
28.05.2024

Der Schalungsanbieter Peri und der Digitalisierungsspezialist Datab haben eine Kooperation geschlossen. Ihr Anspruch: Mit KI den österreichischen Schalungsmarkt revolutionieren.

Die Begeisterung ist Peter Radel anzumerken: „Wir revolutionieren den Schalungsmarkt in Österreich“, meint der Geschäftsführer von Peri Österreich durchaus selbstbewusst. David Dabic, Geschäftsführer von Datab – einem österreichischen Unternehmen, das digitale und vernetzte Bauprozesse entwickelt – klingt sogar noch eine Spur ambitionierter: „Unsere Vision ist es, die größte Fabrik der Welt ohne eigene Produktion aufzubauen.“

Grund für die Euphorie der beiden Herren ist eine Kooperation, die Datab und der internationale Schalungs- und Gerüsteanbieters Peri vor kurzem vereinbart haben. Die Unternehmen bieten ihren Kunden gemeinsam eine Lösung an, die mit Hilfe von Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) die Anwendung von Sonderschalungen auf der Baustelle dramatisch vereinfachen soll. Die Partner versprechen signifikante Einsparungen bei Zeit und Kosten – vor allem bei der Planung von Sonderschalungen, aber auch bei deren Produktion.

Die neue Lösung lässt sich am Beispiel einer Schalung für eine Türaussparung anschaulich erklären: Bislang ist es üblich, vor Ort auf der Baustelle eine Holzschalung mit den notwendigen Aussparungen für die Tür anzufertigen. Der Aussparungskasten wird auf der Baustelle mit Holzplatten und Sägen zugeschnitten und nach dem Betonieren in der Regel entsorgt. Peri und Datab bieten eine Alternative an, die deutlich Zeit spart. „Es reicht völlig, dass der Polier auf der Baustelle die Türe handschriftlich skizziert und fotografiert“, erläutert Dabic. Auf Basis der angegebenen Maße und mit Hilfe von KI generiert eine Software automatisch einen Entwurf. Dieser wird anschließend an eine CNC-Maschine weitergeleitet, die damit die Schalung produziert. Datab hat für diesen Prozess eine Software entwickelt sowie ein Holzsteck-System aus Sperrholzplatten entwickelt, das es ermöglicht, die Schalungen möglichst zeit- und kostensparend zu produzieren.

Großer Beitrag zur Digitalisierung

Man kann das mit Lego oder Ikea für die Baustelle vergleichen. Peri bringt bei der Umsetzung des Konzepts sein Schalungs-Know-how ein. Peri-Geschäftsführer Radel verweist auf die „enorme Zeitersparnis“, die die neue Lösung bringt: „Wenn ich bei der Planung von einer Reduktion des Zeitaufwands auf ein Zehntel spreche, untertreibe ich gewaltig“, meint Radel. „Für den Zusammenbau des Stecksystems auf der Baustelle brauche man dann im Schnitt nur mehr ein Fünftel der Zeit im Vergleich mit der herkömmlichen Vorgangsweise. Radel: „Der Fortschritt ist exponentiell. Wir liefern auf den Millimeter genau, was der Kunde braucht – zu einem Preis, den es noch nicht gab.“

Radel ist davon überzeugt, dass die beiden Partner einen „großen Beitrag zur Digitalisierung am Bau“ leisten werden. „Seit mehr als zehn Jahren wird über Digitalisierung am Bau gesprochen. Passiert ist bislang wenig“, so Radel. „Das lag daran, dass es bislang an einem echten Mehrwert für den Bauleiter gefehlt hat. Der muss das Ergebnis des Projekts verantworten und wird Digitalisierung nur dann einsetzen, wenn es wirklich etwas bringt.“

Was die neue Lösung von Datab und Peri bringt, zeigt sich vor allem bei anspruchsvollen Vorhaben, da sich komplexe gekrümmte Formen mit ihr viel einfacher umsetzen lassen. Ein Beispiel dafür bietet der Brückenbau. Die Kragplatte einer Brücke – das sind laienhaft ausgedrückt die Flügel, die im Schnitt gesehen neben der Fahrbahn herausragen – müssen regelmäßig saniert werden. Der Aufwand für Planung und Anfertigung der Schalung ist enorm. Mit Hilfe der Datab-Peri-Lösung kann die Konstruktion innerhalb von wenigen Stunden konstruiert werden. Peri-Manager Radel weist auf einen weiteren Vorteil hin: „Wir bieten große Planungssicherheit und vor allem Preissicherheit an. Das ist ein echter Mehrwert.“ Datab-Geschäftsführer Dabic ergänzt: „Der Aufwand für Schalungen lässt sich durch die Nutzung der neuen Technologien sehr genau abschätzen. Wenn es eine Umplanung gibt, dann kann das Modell auch sehr kurzfristig vor der Anfertigung der Schalung geändert werden.“

Radel hält die Partnerschaft zwischen den beiden Unternehmen für ein „Perfect Match“. DataB verfüge über das Technologiewissen und Peri bringe das Schalungs- und Engineering-Know-how ein. „Zudem besitzen wir als Peri mit unserem internationalen Vertriebsteam einen weltweiten Marktzugang.“ Die neue Technologie soll in Form eines „Product as a Service“-Modell angeboten werden. Der Kunde hat die Wahl: Er kann sich eine CNC-Maschine ausleihen und zahlt – wie es bei Papierkopierern im Büro bereits üblich ist – pro Ausdruck. Oder er schickt seine Daten an Peri oder Datab und lässt die Schalungen von einem der beiden Partner fräsen.

Peri Österreich hat dafür zwei CNC-Maschinen angeschafft, weitere sollen folgen. Die neue Technologie kommt bereits bei ersten Bauvorhaben in Deutschland, Tschechien und Polen zum Einsatz. Und auch in Österreich wird sie bei zwei Brückenbauprojekten angewendet – und zwar bei der Instandsetzung der Westausfahrt in Wien und bei der Sanierung der Wörgler Innbrücke auf der Inntalautobahn (A12).

Peri Österreich-Geschäftsführer Radel glaubt, dass die neue Lösung sich rasch durchsetzen wird. Und er ist davon überzeugt, der Konkurrenz nachhaltig voraus zu sein: „Wir werden bald ein Niveau erreicht haben, dass wir so schnell nicht eingeholt werden können.“

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